1523-2003: 480 Jahre Königswalder Kirchengeschichte

Im September 2002 wurde die Sanierung der Außenfassade unserer Kirche abgeschlossen. Schön, denn im nächsten Jahr, das nun unmittelbar vor der Türe steht, können wir das 480-jährige Kirchenjubiläum begehen.

Bevor unsere Vorfahren eine eigene Kirche bauten, waren Lichtenhain und Königswalde nach Mildenau eingepfarrt. Es wird berichtet, daß man sich damals stets gemeinsam auf den etwa 1 stündigen (Alten Mildenauer) Weg zum Kirchgang machte und "sich dahin zur Vertheidigung gegen die in der dichten Waldung hausenden Bären habe bewaffnen müssen" (der letzte Bär in unseren erzgebirgischen Wäldern soll 1770 zwischen Lauter und Bockau gesehen worden sein ...).

Die erste Kirche errichtete man 1523 auf der Ratsseite, wo noch heute unsere Kirche ihren zentralen Platz hat. Damals war es das Ortszentrum von Lichtenhain, direkt an der "Hauptverkehrsstraße", dem heutigen Ratsgerichter Weg, genau gegenüber vom Erblehngericht der Ratsseite. Der bekannte Scheibenberger Pfarrer und Erzgebirgschronist Christian Lehmann, der 1611 hier im Pfarrhaus geboren wurde, beschreibt diese erste Kirche als "ein eng finster Kirchlein mit Überhang und Schießlöchern, darauf sie sich auf einen Noteinfall der Feinde retiriren (zurückziehen) und die Feinde abwehren können ."

Anlaß für den Bau einer eigenen Kirche war die sich ständig vergrößernde Einwohnerzahl, so daß sich angeblich Mildenauer Bürger darüber beschwert haben sollen, wegen der vielen Königswalder bald keinen Platz in der eigenen Kirche mehr zu finden.

Der Bau unserer Kirche fällt genau in die Zeit der Reformation. 1517 hatte Luther seine 95 Thesen an die Schloßkirche in Wittenberg genagelt und sich vor allem gegen den Ablaßhandel und den Papst gewandt. 1521 folgte sein berühmter Auftritt auf dem Reichstag in Worms. Schnell verbreiteten sich seine neuen Ideen im ganzen Reich.

1530 predigte der Mildenauer Pfarrer Fleischmann zum ersten Mal evangelisch in der hiesigen Kirche: "Gott dem Allmächtigen sei Lob, Preis und Ehre für die gnadenreiche Offenbahrung des heiligen Evangelii, welches in dieser Kirche im 1530.Jar am St. Johannis des Täuffers Tag (24.6.), da der alten falschen papistischen Lehr widersprochen, angegeangen ist."

Doch bald verbot der Landesherr der Ratsseite, Herzog Georg (der Bärtige), die neue Lehre. Die kleine Wehrkirche wurde für mehrere Jahre verschlossen: "so die Gemeinde auff Rathsseiten nicht darein gedurft, hernachmal aber gesperrt beide Seiten".

Die in der Seele evangelischen Lichtenhainer Bürger gingen nun heimlich nach Königswalde hinüber auf die Amtsseite zu den evangelischen Gebetsstunden in Thomas Rebentisch's Amtsgericht oder schleichen sich in die schon reformierte Kirche nach Buchholz.

Erst nach dem Tode des Herzogs Georg 1539 wird die Kirche wieder freigegeben und beide Gemeinden, die Königswalder auf der Rats- und Amtsseite zusammen, bilden nun eine gemeinsame und selbständige, protestantische Kirchgemeinde. Endlich darf auch in Mildenau und hier in verständlicher deutscher Sprache das Evangelium gepredigt werden.

Bis 1558 blieb sie noch Tochterkirche von Mildenau. Doch in diesem Jahre 1558 bekommen die Königswalder eine eigene Pfarrerstelle. Michael Moritz aus Marienberg wird der erste Pfarrer.

Wie schon berichtet, wurde diese Königswalder Wehrkirche im 30-jährigen Krieg zerstört. Am 21.August 1632 brennen sie kaiserliche Söldner nieder, auch Pfarrhaus und Schule, die beiden Erblehngerichte und 23 andere Gebäude fallen den Flammen zum Opfer

Sofort begann man mit dem Wiederaufbau der Kirche. Die steinernen Umfassungsmauern waren wohl erhalten geblieben und konnten genutzt werden. Gottesdienst wird inzwischen "auf dem Boden in Christian Kallenbergers Gut hernach in Georg Nestlers Gut" (Gottel-Mühle) gehalten. Über den Bauverlauf gibt es widersprüchliche Berichte. 1635 soll der neu eingesetzte Pfarrer Hunnenberger schon seine erste Amtspredigt im wiedererrichteten Gotteshaus gehalten haben, aber ein anderer Bericht sagt, daß der Bau 1651 vom Erbrichter Balthasar Rebentisch angefangen, und von seinem Sohn 1675 vollendet worden sei. Dem widersprechen aber die Jahreszahl auf der ersten Glocke (1649) und das später in der Turmkugel gefundene Schriftstück vom 6. Juli 1673, wonach schon 1649 eine (gebrauchte) Orgel aus Annaberg gekauft und 1655 ein Altartisch angeschafft wurde.

Man kann also davon ausgehen, daß der Wiederaufbau der Kirche zwar sofort nach dem Brand begonnen wurde, sich aber über die vielen Kriegsjahre hinzog. Erst 1648 war der 30-jährige Krieg zu Ende ! Spätestens um 1656 wird sie für die Abhaltung der Gottesdienste wiederhergestellt gewesen sein. Wahrscheinlich hat Rebentisch "nur" die 3 Anbauten außen anbringen lassen und den Turmbau realisiert ! 1673 war der Kirchturm fertig. 1675 der gesamte Wiederaufbau der Kirche vollendet.

So richtig zufrieden waren die Königswalder nicht mit ihrer wiederaufgebauten Kirche. Innen war es eng und finster. Die Nordseite ganz ohne Fenster. Auch die übrigen Fenster sind "aber schlecht vertheilt und zu klein". An der Nord- und Westseite sind doppelte Emporen, die den Kirchenraum ebenfalls verengen. Auf der Südseite befand sich mit eigener Kanzeltreppe die Kanzel, aus Holz mit viel Schnitzwerk und reich vergoldet, mit den Bildnissen der 4 Evangelisten in den Feldern der Kanzel, die heute an der Nordseite des Altarraumes hängen. Eine Familie Schenk hatte diese wertvolle Kanzel 1663 machen lassen und der Gemeinde gestiftet. Über dem Altartisch befanden sich 3 Gemälde: unten das Heilige Abendmahl, in der Mitte die Kreuzigung, oben Jacob im Traum und die Himmelsleiter. Diese Gemälde sind, außer dem Kreuzigungsbild, bis heute erhalten !

Nicht einmal 30 Jahre nach dem Wiederaufbau waren vergangen, da mußte die Kirche schon 1683 wegen Platzmangel verlängert werden. 1743 wird eine neue Sakristei an die Nordseite angebaut. 1751 wird der Kirchturm erneuert (Jahreszahl in der Wetterfahne).

In etwa diesem Zustand sehen wir die Kirche auf derLithografie anno 1830, veröffentlicht im Annaberg Sonntagsblatt von 1929.

1861 erfolgt dann ein grundhafter Umbau der Kirche: die 3 unschönen Vorhäuser (von 1651) werden entfernt, ein Hauptportal in den Giebel der Westseite eingesetzt, die Sakristei an der Nordseite abgebrochen und auf die Ostseite verlegt. Innen werden die schwerfälligen Emporen und 4 Familienchöre entfernt, die den Raum zu sehr beengten usw. usw. Die enorme Summe von 2457 Taler kostete dieser Umbau und schon am 27.10., den letzten Sonntag im Oktober des gleichen Jahres, zur Kirmes, erfolgte die feierliche Einweihung.

Vor nun schon über 30 Jahren 1970-71 erfolgte die letzte umfassende Kirchenrestaurierung, bei der u.a. die alte Kassettendecke wieder freigelegt und der aus der Stadtkirche Lengefeld stammende Kanzelaltar (von 1727) aufwendig restauriert und eingebaut wurde.

Nicht bei allen fanden die vielen Veränderungen ihre volle Zustimmung. Die bis dahin braune "warme" Dorfkirche verlor mit dem vielen grau und weiß und dem prunkvollen barockem Säulenaltar ihren ursprünglichen (dörflichen) Charakter. Obwohl doch der 1836 hier verstorbene Kantor Schreiber die originale Kassettendecke nicht grau sondern braun beschrieben hatte: "die Decke, welche, obschon hölzern, durch ihre künstliche Arbeit in's Auge fällt. Die 1 1/2 Elle von einander entfernten, geschmackvoll bearbeiteten Träger bilden mit den gleichweit von einander entfernten und gleichmäßig bearbeiteten Leisten, die von einem Träger zum anderen laufen, Quadrate, in denen sich auf braunem Grunde je 5 vergoldete Buckeln befinden...". 1861 hatte man sie einfach zugeschalt und verputzt !

Ungezählt bleiben die geleisteten Arbeitsstunden der vielen fleißigen Gemeindemitglieder, der Handwerker, Künstler und Baufirmen bei diesem aufwendigem Umbau.

Auf dem Bild sieht man auch das Pfarrhaus. Das erste war 1558 erbaut worden und brannte 1632 mit ab. Kantor Schreiber beschreibt das Pfarrhaus um 1830 als "ein altes, oben hölzernes Gebäude, leider aber in der unteren Etage wegen der tiefen Lage und des nahe vorbeifließenden Baches feucht und ungesund ... (Mühlgraben !), besonders annehmlich, der große und gut gelegene Obst- und Gemüsegarten ...".

Bis 1800 war die Schule mit der Pfarrei unter einem Dach, aber mit getrennten Eingängen. Nach dem Bau der Schule 1802 wurde auch das Pfarrhaus umgebaut und renoviert. Der zweite Eingang verschwand, 1832 können wir im Schlußstein über der Tür lesen. Heute steht unser Pfarrhaus unter Denkmalschutz und zählt mit seinem Fachwerk mit Andreaskreuzen zu den schönsten Gebäuden im Landkreis.

Viel Interessantes ließe sich aus diesen 480 Jahren Kirchengeschichte noch berichten, von Pfarrern, Kantoren und Pfarrschullehrern, von Kirchenfesten und Kinderfesten im Pfarrgarten, der Friedenseiche auf dem Kirchenvorplatz, von Kirchendienern, dem Totengräber, den dummen Streichen "dr Leitgunge", von Mettenspiel und Kurrende, Kirchen- und Posaunenchor oder die wechselvolle Geschichte unserer Glocken und vieles andere würden wohl ein Buch füllen. Unser Jürgen Triebel könnte es schreiben. Er hat schon vieles aus den alten Kirchenbüchern und Akten zusammengetragen und auch mir bei diesem kleinen Beitrag in dankenswerter Weise geholfen. Auch daß unsere Kirche (erst) seit September 1935 den Namen "St. Trinitatiskirche" führen darf, hat er in diesen Unterlagen entdeckt !

"So oft Königswald hört diese Glocke schallen

So oft laß' es, oh Herr, mit Lust zur Kirche wallen"

(Inschrift auf der ehemaligen mittleren Glocke von 1749)

Glück Auf !

Wolfgang Süß

im Dember 2002

aktualisiert März 2014

 

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