Unsere Pöhla

In 1115 m über NN zwischen Fichtelberg und Keilberg unterhalb der Schlauderwiese entspringt als winziges Bächlein unsere Pöhla. Genau auf der Grenze zu Böhmen, die an dieser Stelle, auch "Deutsche Zwicke" genannt, fast rechtwinklig nach Osten abknickt, zum äußersten Ende des Zechengrundes hin, oben am "Dreiländerstein". Über 50 Quellen fließen dem kleinen Bach auf den ersten hundert Metern zu und lassen ihn schnell anschwellen. Auf dem ersten Kilometer verliert er bereits 175 m an Höhe auf seinem steilem Weg von der Quelle zum Ende des Zechengrundes. Nach frühen Berichten soll der Pöhlbach hier schon die ersten 8 Kunsträder für Bergbauzechen angetrieben haben, die seit 1526 im Zechengrund auf edle Silbererze schürften. Heute steht das enge Kerbtal unter Naturschutz und ist ein Erlebnis für Liebhaber seltener, subalpiner Pflanzen.

Ab der Quelle bildet der Pöhlbach die natürliche Grenze zu Böhmen und bleibt es auch weitere 16 Kilometer, bis hinunter nach Kühberg, am ehemaligen "Blechhammer". Die Bärensteiner haben ein etwas gespaltenes Verhältnis zur Pöhla, so richtig gehört sie nicht zu ihrem Ort und sie nennen die Pöhla auch Grenzbach, obwohl Pöhlbach der offizielle Name unserer Pöhla ist, wie wir Königswalder sagen. Der Ursprung des Namens geht auf das slawische "Biêla" zurück, das soviel wie helles, klares Wasser bedeutet. Auf tschechischer Seite heißt sie "Polava".

Bis die Pöhla oben an der Brettmühle in 580 m ü. NN Königswalde erreicht, hat sie bereits 18,5 Kilometer zurückgelegt. Bedeutende Zuflüsse sind ihr nicht zugeflossen, außer dem Hüttenbach und den Schindelbach auf Oberwiesenthaler Flur, von tschechischer Seite das Weißwasser bei Böhmisch-Hammer und der Luxbach in Niederschlag. Erst mit dem Conduppelbach bekommt sie jetzt richtige Verstärkung. Der Conduppelbach selbst ist fast 5 km lang und bringt übers gesamte Jahr eine konstante Ergiebigkeit. Sein Name geht zurück auf das altsorbische Konotopla, was Pferdetränke oder Pferdeschwemme bedeutet. Verschiedene Schreibweisen sind überliefert: Kuntoppel (1557), Contoppel (1591), Contoppelbach (1600).

Nun fließt sie fast 5 km durch unseren Ort. Ungefähr 160 m tief hat sie sich hier im Lauf der Jahrtausende ins Gebirge eingegraben und dabei unser schönes breites Pöhlatal geschaffen. Nach weiteren 2,5 km streift sie Geyersdorf. 1 km später, zwischen Geyersdorf und Plattental kommt von links der Scheidebach hinzu. Er entspringt am Nordhang des Pöhlberges, speiste früher die "Badeanstalt" an Lang’s Restaurant und die Teiche an der Riesenburg. Er bildet die natürliche Grenze zwischen der Geyersdorfer und der Wiesaer Flur, woher auch sein Name stammt. Nach weiteren 2,5 km kommt der Pöhlbach nach Wiesenbad, um dann 1,5 km später, kurz vor der Himmelmühle, in 412 m ü. NN in die Zschopau zu münden. Insgesamt 32,5 km hat sie von der Quelle bis hierher zurückgelegt und rund 700 Höhenmeter verloren. Ohne den ersten steilen Abfall im Zechengrund ergibt das ein durchschnittliches Gefälle von ca. 17 m pro km !

Vor 150 Jahren war die Wasserqualität in unseren Flüssen noch so gut, daß Lachs und Aal, von der Nordsee elbaufwärt aufsteigend, hier heimisch waren. Für 1840 sind reichhaltige Aalfänge bei Wolkenstein belegt und 1820 kaufte man in Warmbad ein Pfund Lachs für 18 Pfennige. Auch in Königswalde war das Fischen in der Pöhla schon immer geregelt und z.B. nur am Freitag von 11 bis 4 Uhr nachmittags erlaubt (1581). Durch das Einleiten ungeklärter Abwässer aus Färbereien und Papierfabriken erstarb das Leben im Wasser in den 60er und 70er Jahren fast ganz. Heute hat sich die Wasserqualität wieder so gebessert, daß Bach- und Regenbogenforellen und vereinzelt auch die Äsche und der Bachsaibling sich wieder wohl fühlen und in den zufließenden kleinen Bächen ablaichen.

Nicht immer zeigt sich unsere Pöhla von der guten Seite. Vor allem vor ihrer Regulierung kam es beim Frühjahrshochwasser oft zu großen Überschwemmungen.

Hochwasser überschwemmt die A.-Bebel-Straße

Die Regulierung des Pöhla-Flußbettes wurde schon mit dem Straßenbau nach Kühberg 1901/02 begonnen, als Notstandsarbeit nach dem ersten Weltkrieg 1920 bis 1924 fortgesetzt und schließlich vom RAD 1932 bis 1934 vollendet.

 

Pöhla-Regulierung 1902 unterhalb der Brettmühle

In meiner Kindheit in den 50er Jahren war es selbstverständlich, daß die Pöhla auch zum Badespaß genutzt wurde. Im Sommer war schon immer wenig Wasser in der Pöhla und so planschten bei schönem Wetter täglich viele Kinder im flachem Wasser. Nur vor den damals noch intakten Wehren staute sich das Wasser auf über 1m Tiefe. Aber das fließende Wasser war relativ kalt und so blieb man lieber im Flachem auf den warmen Steinen am Ufer. Leider nahm dieser Spaß ein ganz tragisches Ende, als am 8.Juli 1957 unsere Spielkameraden Lothar Hahn (geb. 6.9.1950) und Rolf Brinkel (geb. 28.9.1948) in der Pöhla ertranken. Obwohl ich selbst erst 6 Jahre alt war und das Unglück schon 44 Jahre her ist, erinnere ich mich noch heute an dieses schreckliche Ereignis: Es war ein Montagnachmittag, so gegen 15.00 Uhr. Wie schon die warmen Tage vorher spielten wir im flachem Wasser der Pöhla unterhalb der Kunzebrücke. Die Schulferien hatten begonnen. Steine wurden ins Wasser geworfen, um sich gegenseitig vollzuspritzen oder man bewarf die anderen mit dem grünen Moos, das im ganzen Flußbett die Steine überzog. Irgendwoher war an diesem Nachmittag eine alte Brettertür organisiert worden und es wurden "Floßfahrten" veranstaltet. Aber man mußte zeitig genug abspringen, wo das Wasser noch flach genug war und man stehen konnte, denn schwimmen konnten wir damals alle noch nicht. Ein paarmal ging das auch gut, bis die beiden Jungen als letzte auf dem Floß saßen und schon zu weit ans Wehr hinunter getrieben waren, daß sie sich wohl nicht mehr trauten abzuspringen.

Und so konnten wir nur tatenlos zusehen und schreien, als sie übers Wehr in den tosenden Wehrsud stützten. Trotz schnell herbeigerufener Hilfe und allen Wiederbelebungsversuchen war ihr junges Leben nicht mehr zu retten. Unter großer Anteilnahme der ganzen Bevölkerung wurden sie am 11.7.1957 beerdigt.

Früher hat man bei solch tragischen Unglücksfällen oft einen Gedenkstein errichtet, so wie uns noch heute die Marmorsäule links hinter der Brücke an der August-Bebel-Str. an ein ähnliches Unglück erinnert: eine gewisse "Sophie Charlotte verwitwete Schubertin" soll hier (um 1800 ?) ertrunken sein. Die Schrift ist heute kaum noch zu lesen. Neben tröstenden Worten steht auf einer Seite der Bibelspruch:

Fürchte dich nicht

den wo durchs

Wasser gehest

will ich bey dier sein

daß dich die Ströme

nicht sollen

ersaufen.

Jesaja 43 Cap. 31

 

2007 ließ Dieter Herrmann das stark verwitterte Denkmal restaurieren und forschte in den Sterbebüchern unseres Pfarramtes nach der Verunglückten. Doch eine ertrunkene Witwe Schubert konnte nicht gefunden werden. So ist man sich heute nicht mehr sicher, ob nicht eine glückliche Rettung vor dem Ertrinken der Grund für das Aufstellen dieses Gedenksteines war.



Glück Auf !

Wolfgang Süß

zurück zur HOMEPAGE