Tips für Anfänger (und Fortgeschrittene)

"Farbige Gestaltung"

Meine Hinweise zu diesem umfangreichen Thema sind natürlich auf das wesentliche für die praktische Anwendung in unserer volkskünstlerischen Betätigung beschränkt.

Zur Einstimmung in diese umfangreiche Problematik beginne ich mit einem Artikel aus der alten Vereinszeitschrift des Verbandes Erzgebirgischer Bildschnitzer, dem "Schnitzer und Bästler".

Es ist interessant zu verfolgen, wie die Problematik der rohen und bemalten Figuren zu damaliger Zeit (um 1930) diskutiert wurde, auch wenn einige Ansichten des Verfassers uns jetzt nicht mehr verständlich sind oder gar zum Schmunzeln anregen.

Ich glaube, daß es diesen "Streit", ob nun geschnitzte Figuren roh belassen oder bemalt werden müssen oder dürfen, heute nicht mehr gibt. Die Volkskunst lebt von der Farbe, auch das Schnitzen ! Und es sind nicht nur die Weihnachtsfiguren Engel, Bergmann und Türke, die man unbedingt farbig gestalten sollte.

Trotzdem stehen bei den Schnitzern heute die farbigen und rohen Figuren gleichberechtigt nebeneinander und man wird kaum groß darüber nachdenken müssen, daß man z.B. Pyramidenfiguren vorzugsweise farbig gestaltet, dagegen wohl niemand auf die Idee kommen würde, eine große Tierplastik, z.B. eine Kuh, mit Farbe als Allgäuer Höhenfleckvieh zu "gestalten"....

Nun aber erst einmal die Ansichten aus den 30iger Jahren:

Die Bemalung

In einem Zeitungsbericht von Schwarzenberg war behauptet worden: Schnitzereien müßten rohfarben bleiben oder höchstens gebeizt werden. Dem widerspricht die reiche Bemalung der Schnitzereien in der Blütezeit dieser Kunst. Wohl werden die Schnitte, wenn sie nicht großflächig sind, durch die Farbe verdeckt. Es erwächst die Gefahr, daß die Einzelheiten an dem Schnitzwerk, die Details sagt der Franzmann, verschlämmt werden, und sie gerade haben soviel Zeit weggenommen. Die gleiche Unart hat wohl auch die Wachsbeize, wenn sie zu dick aufgetragen wird, aber sie ist wenigstens durchscheinend, während Leim- und Ölfarben decken, heißt doch eine Farbe ausdrücklich Deckweiß, und Vergoldung ist ohne einen dichten Kreidegrund gar nicht möglich. Bei Pyramiden wünschen sich ihre "Architekten" sogar, daß die Farben möglichst schnell und gut decken, sie grundieren deshalb, d.h. sie beseitigen die Porösität des Holzes, die sich in der Maserung immer wieder äußert. Wer das Schnitzwerk rohfarben läßt oder beizt, muß sich also gefallen lassen, daß nicht bloß die geschnitzte Einzelheit, sondern auch die Maserung sichtbar bleibt. Manchmal wirkt die Maserung schön, belebend, manchmal aber auch beunruhigend, störend. Eine geschnitzte Docke fürs kleine Kind läßt man aus gesundheitlichen Gründen rohfarben, weil das Kind das Spielzeug an den Mund führt.

Unsere Alten haben aber selbst nüchternes Hausgerät, das aus ihrer Schnitzhand hervorging, farbig geziert, wieviel mehr Standbilder, die freudig oder ernst stimmen sollten, sogar Steinbilder wurden bunt bemalt. Daran zweifelt doch niemand, daß die Farbigkeit das Gemüt ergreift, einerlei ob am Gewachsenen oder am Gestalteten, am Stieglitz oder am Abschießvogel. Man stelle sich nur ein Kasperletheater einfarbig vor ! Das Bemalen ist eben eine Kunst für sich. Vom Geschmack soll jetzt gar nicht einmal die Rede sein, sondern nur von der Bemalung allgemein. Wenn die Farben den Untergrund durchscheinen lassen, man sagt dazu mit dem Fremdwort, sie sind transparent, dann darf das Holz nicht kräftige Maserung, sondern möglichst gar keine aufweisen, denn eine starke Streifung kann das schönste Antlitz, eine verkehrte Streifung das gestaltete Gewand gänzlich entstellen. Nur selten kommt der Zufall zu Hilfe, so z.B. daß aus dem Pferd ungewollt ein Zebra wird. Ein striemiges Säulein dagegen wirkt geprügelt. Schönes Kiefernholz machts so. Hat das Holz dagegen einen schönen gleichmäßigen Glanz, so hebt und belebt dieser die Schnitzerei durch die Lasurfarbe, durch einen farbigen Lack hindurch. Die alten Meister verliehen oder erhöhten diesen Glanz ihren Werken indem sie der Farbe einen Gold- oder Silbergrund unterlegten, eine schwierige, zeitraubende und kostspielige Arbeit. Von der Maserung und dem einzelnen Schnitt war dann nichts mehr zu sehen.

War damit überhaupt das Wesen des Holzes vernichtet ? Nun dem Andächtigen war und ist es heute noch gleichgültig, woraus das Bildwerk gefertigt ist, wenn es nur zu ihm spricht, wenn es ihm etwas gibt, wenn es gefällt. Haben will der fromme Mann, wenn er sein Herz anbietet. Wenn ihn das Bild abstößt, dann verachtet er es, ob es aus Holz, Stein oder sonst etwas gemacht ist. Aber das Künstlerauge ! Es schätzt die bedeutsame Gestaltung, mag der Gedanke verfrüht, veraltet, höchst unzeitgemäß sein. Ihm ist der Rohstoff nicht gleichgültig, sondern es ist ihm wichtig, ob aus jedem heraus geholt worden ist, was ihm eigen ist. Kann die Bemalung dieses Auge täuschen, kann sie ihm ein gegossenes Bildwerk für ein geschnitztes unterschieben ? Eine Gußfigur muß immer so entworfen werden, daß sie sich aus der Form herausnehmen läßt, das legt dem Entwerfer vielerlei Zwang auf, unter sich gehende Partien muß er vermeiden, sonst ist's verfehlt. Ganz anders beim Schnitzer, er kann aushöhlen nach bestem Gutdünken. Diese freie Gestaltung zeichnet sein Werk aus und kennzeichnet es. Der Eigenart des Holzes, wenn sie richtig ausgenutzt wird, kann auch die Bemalung nichts nehmen. Wir sollten im Gegenteil unsere Schnitzereien mit einer Gummischicht oder dergleichen überziehen können, um sie auf die Dauer zu schützen. Durch gute Bemalung werden sie auf jeden Fall wirksamer und wertvoller. Die Rohfarbenheit oder die einfarbige Beize ist nur denen zu raten, die durch die Buntheit ihre Schnitzerei zu verhunzen fürchten, und das ist leider oft der Fall.

 

 

 

Ich glaube, daß wir uns gern einigen Grundsätzen dieses ungenannten Verfasser anschließen können:

- die Bemalung sollte nicht in einer so dicken Schicht aufgetragen werden, daß das ganze nicht mehr als geschnitzte Figur zu erkennen ist

- beim Beizen und Lasieren von geschnitzten Figuren soll darauf geachtet werden, daß die dadurch stärker hervortretende Maserung nicht zuviel Unruhe in die Figur hineinkommt oder gar zum wesentlichen wird, (wenn es nicht gewollt ist).

- gerade kleine Figuren können mit einer Bemalung regelrecht aufgewertet werden, Details, die man gar nicht schnitzen kann bzw. braucht, werden mit Farbe ergänzt.

- Engel und Bergmann als weihnachtliche Lichtträger, Trachtenfiguren, Pyramidenfiguren und Figuren/Tiere für (mechanischen) Weihnachtsberge verlangen geradezu nach einer farbigen Bemalung

Nun einige praktische Erfahrungen:

1. Welche Farben ?

Nachdem man ruhig alles erst einmal ausprobieren kann, sollte man sich letztlich für eine Farbenbasis entscheiden. Da ich Acrylfarben selbst noch nicht verarbeitet habe, möchte ich aus meiner Sicht, die für die Bemalung von geschnitzten Figuren wesentlichen Vor- und Nachteile der hauptsächlich verwendeten Farben gegenüberstellen (Vorteil = + Nachteil = -):.

Künstlerölfarbe

Tempera-/Plakatfarbe

- teure Farben und Hilfsstoffe
- sehr lange Verarbeitungszeit:

+ naß in naß-arbeiten möglich

- zusätzliche Hilfsstoffe erforderlich: Malmittelöl, Verdünner, evtl. Trocknungsbeschleuniger

- hoher Pinselverschleiß

- sehr lange Trockenzeiten: Figur kann beim Bemalen nicht angefaßt werden

+ kein zusätzlicher Oberflächenschutz notwendig

+ große Farbauswahl

+ lasierende Bemalung einfach möglich

+ preiswerte Farben

+ einfache Verarbeitung, Reinigung der Pinsel usw.

+ kurze Trockenzeit

- zusätzlicher Oberflächenschutz der bemalten Figuren erforderlich (mit einem stark verdünnten, nicht glänzendem Lack), um die Farben auf Dauer griffest zu machen

- unterschiedlicher Farbeindruck der nassen/trockenen/lackierten Farbe erschwert die farbige Gestaltung

- lasierende Bemalung nur bedingt möglich

Auch wenn man mit den Künstlerölfarben eine exzellentere Bemalung erreichen kann, habe ich mich doch für die Temperafarben wegen ihrer einfacheren Verarbeitung entschieden.

2. Grundieren ?

Mit einer Grundierung kann man einen gleichmäßigeren Farbauftrag und -deckung erreichen. Latex-Bindemittel oder Latex-weiß in starker Verdünnung sind bei Tempera/Plakatfarben dazu geeignet. Bei Ölfarbenmalerei nimmt man ein verdünntes Leinölfirnis dazu.

3. Farbige Gestaltung:

Reine Farben aus der Tube verwendet man fast nie. Alle Farben und Farbtöne sollten abgemischt werden. Mit weiß, grau, ocker usw. werden die Farben (schmutziger und) natürlicher gemacht, in ihrer Intensität zurückgedrängt. Das erleichtert auch die Farbkomposition, alle mit der gleichen Farbe abgemischten Töne passen eigentlich immer gut zueinander. Die Figuren sollen ja farbig werden nicht bunt.

Bei Pyramidenfiguren und ähnlichen "Gruppen" von farbigen Figuren sollte man sich schon vor dem Bemalen der ersten Figur einen regelrechten Plan zur Farbgestaltung aller Figuren machen, um eine gute Harmonie der Figuren miteinander zu erreichen. Dazu einige theoretische Grundlagen aus der Farbenlehre:

1. Ordne die Farben zu einem einheitlichem Gefüge

2. Möglichst wenig verschiedene Farben verwenden, besser Variation einer oder weniger Farben

3. Harmonie entsteht auch aus dem Zusammenspiel gegensätzlicher Farben

- geringe Spannungen bestehen zwischen verwandten Farben (Farben einer Farbrichtung, ähnliche Helligkeit, gleiche Reinheit)

- starke Spannung zwischen Kontrastfarben (Farbrichtungskontrast = im Farbkreis gegenüberliegend, Hell-Dunkel-Kontrast)

4. Hauptfarben - Nebenfarben: die vom Eindruck überwiegende Farbe ist Hauptfarbe

5. Farbverwandtschaft innerhalb einer Farbrichtung (z.B. alle Grüntöne zwischen Gelb und Blau)

6. Farbverwandtschaft durch Farbüberflutung (Ausmischung mehrerer Farben mit einer einzigen)

7. Akzentuierung: Eine Farbe wird zum Akzent, wenn sie in geringer Menge -kleiner Fleck- vereinzelt in der im Farbkreis gegenüberliegenden Farbe eingebettet ist.

- helle Farben wirken auf dunklen Flächen als Akzent und umgekehrt

- reine strahlende Farben inmitten trüber, gedämpfter Flächen

- glatte Flächen treten aus strukturierter Umgebung hervor und umgekehrt

8. Die Wirkung jeder Farbe kommt durch die Nachbarfarbe !

9. Jede Farbe sollte mehrfach auftreten, in verschiedener Form, Menge/Größe, Ort

4. Farbmischung

Grundsätzlich sollte man immer versuchen, nicht zu viele Farben (nicht mehr als 3) miteinander zu mischen, da man das Ergebnis dann kaum noch vorausbestimmen kann.

Beim Mischen der Farben untereinander oder mit weiß und schwarz sind einige Besonderheiten zu beachten:

- Mischung wird immer dunkler als der Mittelwert beider Ausgangsfarben

- aus weit auseinanderliegenden Farben kann man Farben mischen ohne merkliche Vergrauung ,z.B. Grün aus Zitronengelb + Grünblau

Orange aus Zitronengelb + Signalrot)

Braun aus Rot + Grün

Violett aus Rot + Blau

Oliv aus Gelb + Schwarz

Beim Mischen von Grau aus Schwarz + Weiß besteht die Gefahr der Blaustichigkeit (Korrektur mit Orange, Goldocker o. rötl. Umbra).

Mischung von komplementären Farben: in der Mittelstufe entsteht Grau; z.B.: Gelb-rötl. - Grau - Blaugrau - Violett

Mischung von fremden Farben: die Zwischenfarben werden trüber als die Ausgangsfarben; z.B.: Gelb - trübes Grün - Blau

Mischung von verwandten Farben: Mischen sich zur Zwischenfarbe ohne merkliche Trübung, nur dunkler: Gelbgrün-Gelbbraun-Orange

Mischung zwischen Vollfarbe und Weiß: beachte, weiß drängt alle Mischungen nach dem blauen Sektor

gelb + weiß: nach gelbgrün

orange + weiß: nach rosa

rot + weiß: nach violett

violett + weiß: nach blau

ultramarin + weiß: nach blau, grünlich

grünblau + weiß: bleibt grünblau

gelbgrün + weiß: nach grün

Mischung von Vollfarbe und Schwarz

blau, karminrot u. grün + schwarz bleibt

zinnoberrot + schwarz: nach gelbrot

orange + schwarz: nach grün, korrigieren mit ocker

Hautfarbe: Weiß + Gelb + Rot + Braun + Grün

In der Praxis ist es oft notwendig, bestimmte Farbenpaare durch neutrale Farben zu trennen: mit weiß, schwarz oder grau !

5. Nützliche Hinweise:

Bemalen sollte man grundsätzlich nur bei Tageslicht, künstl. Beleuchtung verfälscht die Farben !!

Malt man gleich aufs Holz, kann man dem Wasser zum Anrühren der Temperafarben ein, zwei Tropfen Spülmittel (pro Liter Wasser) zugeben. Der Abperleffekt durch die Restfettigkeit der Holzoberfläche verschwindet damit.

Man beginnt beim Bemalen üblicherweise beim Gesicht, malt dann die weißen, hellen Flächen, dann die dunkleren und zuletzt schwarz und ähnlich dunkle Flächen bzw. Trennflächen, Details usw.

Die roten Wangen tupft man nur mit etwas Rot, das man auf dem Finger verrieben hat.

Bei kleinen Figuren (bis etwa 24 cm) brauchen Gesicht und Hände nicht mit der problematisch zu mischenden Hautfarbe bemalt zu werden, der Holzton der Linde selbst ergibt eine schöne Hautfarbe.

Das Gold bei den Bergmännern kommt über dem Lack als letztes.

Viel Spaß beim Bemalen !

Wolfgang Süß

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